Von echten Blindgängern und wahren Granaten
Beginnen wir bei den Jägern und Sammlern. Dazu zählt Heinz, wenn es um Werkzeuge geht. Wir sind für jede noch so besondere Schraube gerüstet, um sie in die Zange zu nehmen. Wenn es um Elektrik geht, hat Heinz die Phasen im Griff.
Diese und viele weitere Gerätschaften, Ersatzteile und Prüfgeräte waren seit Beginn unserer Reise über mehrere Bilgen, das sind die Stauräume im Boden des Katamarans, verteilt. Darum tasteten wir uns seit etwa einem halben Jahr langsam an eine Werkstatt heran. Dafür hatten wir in einer der zwei Gästekabinen zunächst die Matratzen hochgeklappt und dort die Utensilien in diversen Kisten zwischengelagert. Vor wenigen Wochen hatten wir uns für den definitiven Verlust einer Gästekabine und dem Gewinn einer Werkstatt entschieden. Wir waren uns einig, ein Fachmann sollte das erledigen.
Das ist kein Zustand
Wer Heinz kennt der weiss, er hat es gerne ordentlich, auch wenn er nicht gerne aufräumt – wer macht das schon gerne. Ein Fachmann musste her. Nicht fürs Aufräumen, da bin ich versiert, für die Umgestaltung der Gästekabine in eine Werkstatt. Nun sind wir an einen geraten, der in seinem ersten Leben entweder Verkäufer oder sogar Politiker war. Er konnte reden und warf mit Fachbegriffen und schönen Worten wie Nuten, Fräsen, Genauigkeit und Qualität, sogar Küchenbauer nur so um sich. Das war unser Mann. Wir übergaben den Auftrag, servierten ihm Kaffee, sowie die geforderte 100-prozentige Vorkasse.
Der «Blindgänger»
Machen wir es kurz, der deutsche «Fachmann» wurde innert der vier Wochen unserer Abwesenheit, wir waren in der Schweiz, nicht fertig. Als er dann nach fünf Wochen fertig (?) war, waren wir fertig, ob der gelieferten Arbeit. Jedenfalls liess sich der Meister (der Redekunst) seit Freitag nicht mehr blicken. Und als ich ihn per WhatsApp gefragt habe, wann er gedenkt abzuschliessen – oder ob er bereits fertig sei – meinte er, er fühlt sich ungerecht behandelt.
Wir machen kurzen Prozess
Damit wir das «Elend» in der Kabine nicht mehr anblicken müssen, war bis Montagabend die ganze Schande im Abfallcontainer. Beim Rückbau haben wir beide gesehen, wie lausig das Baumarkt-Platten-Werk zusammengeschustert war. Ein Stützbrett war nur mit einer Silikonfuge auf einer Seite «befestigt», ohne Schrauben oder Nut und Fuge. Das gesamte von Hand lausig bepinselte Werkstatt-Projekt war mit drei Schrauben auf der Unterlage befestigt. Die Schubladen waren allesamt ungesichert. Kurz zusammengefasst, der ganze Mist, der gute 250 Kilogramm wog, wäre uns beim ersten Seegang wohl um die Ohren geflogen.
Der Italiener – oder die «Granate»
Ach ja, der Segelmacher Seppe war auch noch da. Er fertigte Moskito-Netze. Er hatte nicht gross gelabert, eine Anzahlung verlangt und was er geliefert hat, ist sensationell.
So, das nennt man dann wohl Frust von der Seele schreiben.
Es geht mir schon viel besser. Nichts erinnert mehr an den Fehlgriff, wenn da nicht der Muskelkater wäre…
Auf bald,
Grüsse Sabine
Information
- Bilder: Sabine Löwenthal
- Ort: Las Palmas, Grand Canaria
- Land: Spanien
- Kontinent: Europa
- Datum: März 2021