Die Zahl der Marinas ist in der Karibik überschaubar. Die wunderschönen unzähligen grünen Buchten bieten vorwiegend Ankerbojen oder Ankerfelder an. Fährt man in die Buchten, sieht man häufig kleine Bälle, Kanister oder PET-Flaschen auf der Wasseroberfläche tanzen. Denen muss man unbedingt ausweichen. An den unscheinbaren Markierungen befinden sich Seile, an denen wiederum Reusen oder Fischernetze. Wir hatten es auch dieses Mal gut durch das «Minenfeld» geschafft. Zwar hatten wir am finalen Ankerplatz PET-Flaschen in der Nähe von R9B gesehen, aber wie durch Zauberhand waren diese verschwunden.
Es gibt diverse Methoden um den Anker auszubringen
Wind, Strömung, Wracks, Untiefen oder Fährbetrieb sind einige der Faktoren, welche die Platzwahl beeinflussen. Wir hatten einen guten Spot am Rand der Bucht ausgemacht, mit genügend Abstand zu den anderen Booten und zum Land.
An unserem 80 Kilogramm Anker ist mit einem Seil eine Ankerboje befestigt. Dieser «Ball» schwimmt, ist der Anker unten am Meeresgrund, an der Leine über dem Anker, auf der Wasseroberfläche. Somit wissen wir immer, wo sich der Anker befindet. Das ist gut, um visuell die Position zu kontrollieren. Vor allem aber dient die Leine dazu, den Anker, wenn er sich im Untergrund verkeilen sollte, in alle Richtungen mit der befestigten Leine lösen zu lösen.
Phase 1, die Fakten
In dieser Bucht (Anse d’arlets) hatten wir alles: Keinen Wind, plötzliche Böen, Jetski-Fahrer, Speedboote und Schwell. Ich war nachts ab und zu wach und nutzte die Gelegenheit, die Position der Ankerboje zum Boot zu kontrollieren. Bei meinem letzten Kontrollgang so gegen 03.00 Uhr, war es windstill. Die Boote dümpelten vor sich hin. Unsere Boje war direkt am Boot, an der Schraube hinten links. Meine Schlussfolgerung, wenn sich die Leine der Boje um die Schraube legt, dann ziehen wir uns, wenn der Wind wieder einsetzt, den eigenen Anker aus dem Sand. Die Motoren könnten wir dann ebenfalls nicht benutzen, denn die Leine hängt in der Schraube.
Phase 2, die Erkenntnis
Nun kam der für mich schwierigste Teil, den Kapitän aus seinen Träumen als «Waldarbeiter» reissen. Er macht immer so Geräusche wie mit einer Kettensäge. Daher meine Annahme er träumt davon in Kanada den Waldvorrat zu minimieren. Er meinte nur, das Problem lösen wir morgen. Nach fünf Minuten, er musste wohl erst die Kettensäge versorgen, stand er neben der Ankerboje. Mit einem Bootshaken versuchte er die Leine von der Schraube zu lösen.
Phase 3, der Tauchgang zu nächtlicher Stunde
Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen als er endlich ein Stück der Leine in der Hand hielt. Es war grün! Was daran so besonders ist, nun unsere Leine mit der Ankerboje ist weiss! Der Kapitän war endgültig wach. Wir hatten die Ankerboje um die Schraube und schleppten, wie sich nachher herausstellte, noch zwei Reusen bei Wind und Wellen durch die Bucht. (Das waren die, welche durch Zauberhand verschwunden waren.)
Innert weniger Minuten war Heinz im Wasser. Innert kürzester Zeit wieder draussen. Das war mit der Waldarbeiter-Lunge nicht zu schaffen. Die Tauchausrüstung musste her – und Licht! Endlich kam die teure Unterwasserbeleuchtung mal sinnvoll zum Einsatz. Der «OP-Tisch»- mit der Schiffs-Schraube, war gut ausgeleuchtet. Aus Zeitgründen verzichtete Heinz auf den Neopren-Tauchanzug und ging nur mit der Tauchausrüstung ins Wasser. Ich stand wie die OP-Schwester an der Treppe und erledigte kleine Dienste: Schere, Messer…
Nach gut zwei Stunden waren wir wieder im Bett, bzw. in den Kanadischen Wäldern, ja genau, mit der Kettensäge.
Am nächsten Tag haben die Fischer die Reusen geleert. Mit einer Box, einer Holzkiste mit Glasboden die sie auf das Wasser hielten, suchten sie vom Boot den Meeresgrund ab. Es fehlten wohl Reusen am angestammten Platz. Die Strömung hatte sie wahrscheinlich verschoben…
Nachtrag; Heinz hatte überall Schürfwunden. Nicht vom Bäume fällen, vom Tauchgang. Er hat sich am Bewuchs unter dem Boot verletzt. Dort haben es sich kleine Muscheln und Schnecken bequem gemacht und an denen hat er sich verletzt. Gute Besserung mein Schatz.
Es grüsst Euch,
Sabine
Information
- Bilder: Sabine Löwenthal
- Ort: Insel Martinique
- Land: Frankreich
- Kontinent: Nordamerika
- Datum: April 2022