Im September waren wir seit Jahren wieder in England, am Goodwood Revival. Hier wurden zum 25. Mal die 500 besten Autos aus der Zeit vor 1964 zu einem spektakulären Event aufgeboten. Das Besondere, am Goodwood Revival fährt nur, wer eingeladen wird. Es ist die weltweit grösste Veranstaltung ihrer Art. Veranstalter ist der motorsportbegeisterte Charles Henry Gordon-Lennox, Duke of Richmond.
200`000 Besucher kommen nach Goodwood
Einzige Bedingung an die Fahrzeugeigner: Autos und Motorräder dürfen die zugewiesene Box erst am Sonntagabend nach dem letzten Rennen verlassen und verladen werden. Die Fahrzeuge sind allesamt Raritäten mit einer besonderen Geschichte oder/und Rennhistorie. Heinz wurde mit – oder dank dem ERA-R9B eingeladen.
R9B wurde 1936 in England gebaut und die wenigen gebauten ERA – English Racing Automobil galten als «Englands Formel 1» der dreissiger Jahre. Damals wie heute sind die ERA mit über 200 km/h auf der Piste, zu technischen Bedingungen wie einst.
Ein einmaliges Erlebnis für die Besucher die aus der ganzen Welt anreisen. Fahrer, Mechaniker, Besucher, alle sind gekleidet wie „damals“. In einem einmaligen Ambiente ist das Revival in Goodwood wohl der schönste Anlass, den die Motorsport Szene bietet.
Race Prep Giger war in diesem Jahr als Mechaniker verhindert
Kurzerhand konnten wir Andy, einen ehemaligen Arbeitskollegen von mir als Mechaniker für R9B in England gewinnen. Heinz schätzte es, konnte er mit Andy auf den 1200 Kilometern bis zum Rennplatz als Fahrer abwechseln. In Basel passierten wir die Grenze zu Frankreich. Im Norden Frankreichs verluden wir in Calais auf die Fähre bis Dover, England. Nun waren es noch ein paar Stunden mit Linksverkehr und gefühlten 100 Kreiseln bis Goodwood. Nach 15 Stunden mit dem Anhänger und R9B darauf erreichten wir den Campingplatz unmittelbar neben der Rennstrecke und bezogen das reservierte amerikanische Wohnmobil.
Startposition 11 für Heinz im ERA
Wir waren bereits am Mittwoch dort und konnten uns in Ruhe einrichten. Am Freitag fuhr Heinz eine hervorragende Rundenzeit in der Qualifikation, sodass er am Renntag, am Samstag, von Position 11 startete. Heinz war das letzte Mal vor vier Jahren mit dem ERA in Goodwood gestartet. Das Prozedere sieht vor, dass das Rennen unmittelbar nach der Aufwärmrunde los geht. Das war meinem Rennfahrer entfallen. Er stellte den ERA ab, damit er nicht schon vor dem Start zu heiss wird und so gab es Sekunden vor dem Start keine Möglichkeit den ERA anzuschieben, denn das Auto muss zwingend angeschoben werden. Heinz blieb nur noch die Arme hochzureissen, um die Fahrer hinter ihm auf Startprobleme aufmerksam zu machen. Der Streckenposten schwang die gelbe Fahne über Heinz. Zum Glück reagierten die Fahrer hinter ihm und es gelang ihnen R9B auszuweichen. Nachdem alle 27 Fahrzeuge des Rennens über die Startlinie waren, sprangen Andy und weitere Mechaniker über die Mauer und schoben Heinz im ERA an. Wohl etwas genervt von seinem Fauxpas rollte er das Feld von hinten auf. Die Rundenzeiten waren fantastisch. Ich bekam bei dem Aufholmanöver Schnapp-Atmung. Es gelang Heinz sich vom 28. Stelle wieder auf den 11. Rang vorzuarbeiten. Was für eine Aufholjagd.
Den Rest des Wochenendes hatten wir frei, besuchten die zahlreichen Stände der Aussteller, den Flohmarkt, den Jahrmarkt, die Flugshow und genossen als Zuschauer die Rennen von den zahlreichen Tribünen. Am Samstagabend war noch die legendäre Party für die Rennfahrer mit ihrer Begleitung. Das Motto war: Besuch vom anderen Stern.
Bald geht es wieder auf R9B, den Katamaran. Das wird mit Sicherheit gemächlicher – aber nicht weniger Abenteuer sein.
Information
- Bilder: Sabine Löwenthal
- Ort: Goodwood
- Land: England
- Kontinent: Europa
- Datum: Oktober 2023